K. Wyborny

zur Montage des Interviews in "Der Ort der Handlung"

aus "Gespräch mit Klaus Wyborny", "Filmkritik 10 / 79 - S. 468

(leicht überarbeitet)


Frage: "Nach welchem Prinzip war die Kamera beim Interview in Ort der Handlung aufgestellt? Gab es mehrere Kameras?"

Wir haben 10 Takes nacheinander gemacht. Von vorn, von halbrechts und von halblinks, in jeweils drei Einstellungsgrößen: eine so total wie möglich, einen Mittelschuß, einen Nahschuß. Und dann einen zehnten, wieder als frontale Totale, zur Einführung. So wurde das Interview in zehn Arbeitschritte unterteilt. Um der stilisierten Sentimentalität einer jeden Selbstdarstellung zu entkommen, wollten wir beim Schnitt die Kontinuität der einzelnen Einstellungen dann aber zerstören und weniger diesen speziellen Fall als vielmehr die Auseinandersetzung der Sprache selber mit einer komplexen Wirklichkeit abbilden.

Das Ordnungsprinzip war: drei Aufnahmewinkel, drei Einstellungsgrößen, zwischen denen nach einem ineinander verschachtelten Permutationssystem hin- und hergeschnitten wurde, wobei die jeweils verwendete Einstellungslänge durch ein, zwei oder drei der gesprochenen Sätze vorgegeben war. Da alle Einstellungen eine verschiedene Satzzahl enthielten, war das System nicht vollständig, was so gelöst wurde, daß das Interview sehr ruhig mit der frontalen Einstellung beginnt und dann, sich allmählich steigernd, immer mehr hin- und hergeschnitten wird. Auf diese Weise tritt die sprachliche Bearbeitung der Wirklichkeit zunehmend in den Vordergrund der Geschichte.

Kommentar eines Gesprächteilnehmers: "Von einem Menschen, den man kennt, hat man ein simaltanes Bild: wenn er spricht, sprechen noch zweiunszwanzig andere Sachen mit. So kam mir das vor. Die Simultaneität des Denkens."